Märchenwettbewerb

1. Preis des Hamburger Märchen-Wettbewerbs 2015

Hannes Goos aus der Klasse 6c hat heute im OPERNLOFT den ersten Preis beim Hamburger Märchenschreibwettbewerb erhalten.
Seid gespannt auf eine Märchenreise von den Meeren Ozeaniens zum eingeschneiten Hamburger Michel:

Es war einmal vor langer Zeit auf einer Insel in der Südsee. Hier lebte die alte und weise Frau namens Ogaoa. Sie erzählte jeden Abend am Feuer den Kindern des Stammes die alten Märchen. Die Kinder wussten dass sie diese Wort für Wort auswendig lernen müssen, damit sie diese später ihren eigenen Kindern weitererzählen können. So war es Brauch in der Südsee. Nur so konnten die Märchen unverändert über viele hundert Jahre bewahrt werden. Oft erzählte Ogaoa von Drachenfischern, Schlangengötter oder gar Menschenfressern aber diesmal war es ein Märchen über ein fremdes, fernes Land. Ein Land mit einem Dorf namens Hamburg, mit einem riesigen Haus, das höher als eine Palme war aber auch ein grünes Dach hatte. Das Dach konnte seine Farbe in Weiß wechseln aber nur zu bestimmten Zeiten. Das fanden die Kinder sehr sonderbar und keines konnte sich vorstellen, wie das gehen soll. Niemals hatte ein Kind der Südsee etwas von Schnee gesehen oder gehört. Und genau in diesem Haus wohnte der Michelgeist. Von diesem erzählte Ogaoa die Geschichte, die auf den Fidschi-Inseln ihren Anfang hatte:
Auf dem Berg Kau wandra stand der Tempel von Dengei, der Großen Schlange. In alten Zeiten fürchteten die Fidschi-Leute den Ort und verehrten ihn, denn dort wohnte die alte Schlange, die von den Inselbewohnern angebetet wurde. Als Dank erwählte die Große Schlange die Bewohner der Insel und brachte ihnen bei, wie Boote gebaut werden. Niemand auf den anderen Inseln konnte Boote bauen. Ihre Fische mussten sie vom Land aus fangen. Wer Boote bauen konnte war etwas Besonderes und die Männer wurden geachtet. Das hat ihnen sehr gefallen. Sie waren nur noch dabei aus Palmen Boote zu bauen und kümmerten sich nicht mehr um die Große Schlange. Die wurde darauf so böse, dass sie einen Donnerkeil ergriff und ihn in den Himmel schleuderte. So regnete es viele Tage und Nächte bis alle Hütten der Inselbewohner weggeschwemmt waren. Die Stammesbewohner konnten sich in ihr größtes Schiff retten und trieben auf das Meer hinaus. Moala, der Spielmann, begann den Bootsgesang und die jungen Leute klatschten in die Hände und hielten den Takt. Der Mond hörte diesen Gesang und er erfreute sein Herz, außerdem mochte er die Große Schlange nicht all zu gerne. Also schickte er seine schönsten und silbernsten Mondstrahlen auf das Meer und zeigte den Fidschi-Leuten den Weg. Sein kleiner Bruder Wind half ihm und blies in die richtige Richtung.
Nue, der Häuptling der Fidschi-Leute war ein guter Seefahrer geworden, so haben sie es bis nach Hamburg in den Hafen geschafft. Dort sahen sie zum ersten Mal in ihrem Leben ein aus Steinen gebautes Haus, größer als sie es sich hätten vorstellen können. Der Michel! Die größte Kirche Hamburgs und der ganzer Stolz ihrer Eingeborenen. So eine Hütte würde kein Regen wegschwemmen können. Sie gingen in den Michel und tatsächlich gab der Michel ihnen einen Platz zum Schlafen. Sie sollten aber aufpassen, im Keller würde ein Gespenst herumspuken und viele, die im Michel geschlafen haben sind wurden nie mehr gesehen. Das erschreckt sie nicht, denn sie hatten ja schon einiges erlebt. Sie waren viele und wollten zusammen bleiben. Was kann ihnen schon ein einziger Geist antun?
In der Nacht hörte Hiro, der 13. Sohn des Häuptlings Nue komische Geräusche. Er ging ihnen hinterher. Sie führten ihn hinab in das Kellergewölbe. Er hatte keine Angst, schließlich war er der zukünftige Häuptling. Doch was war das? Der Junge sah einen Geist. Nun fing Hiro doch an zu stottern: „W-e-r b-i-s-t D-u?“ „Ich bin Wilhelm der Michelgeist!“ antwortete der Geist. Der Junge flüsterte: „Also stimmt doch die Geschichte von dem Gespenst, bitte tue mir nichts, mein Volk braucht mich.“ Der Geist schüttelte den Kopf, führte Hiro zu einem Spiegel und sprach: „Der Spiegel ist verzaubert, blicke hinein und wünsche dir etwas“. Der Junge fragte den Geist: „Wie meinst du das?“ „Wie ich schon sagte, der Spiegel ist verzaubert also überlege dir genau was du dir wünscht.“. Hiro blickte in den Spiegel, er sah nicht sich selber sondern er konnte sein Dorf erblicken. Nicht das zerstörte, nein, ein neues Dorf. Schöner und größer war es, mit prachtvollen neuen Hütten, vielen glücklichen Menschen, lachenden Kindern mit dicken Bäuchen und am Strand lagen viele große, stolze Boote voll mit Fischen. Das war sein größter Wunsch! Er wollte ein neues Dorf.
Wilhelm der Michelgeist nickte wohlwollend. „Jeder der in den Spiegel guckt und sich etwas wünscht, bekommt seinen Wunsch in Erfüllung aber nur wenn er nicht für ihn selber ist“. Alle die bisher da waren haben sich Schatztruhen, Gold, Silber Schmuck und möglichst viel Geld für sich selber gewünscht. Du bist es wert den Michelschatz, den ich hüte zu erhalten. Jetzt bin ich endlich von meinem Fluch erlöst und bin frei.“ Dieses waren Wilhelms letzten Worte bevor er sich in Rauch auflöste. Dort, wo er vorher schwebte stand jetzt eine Schatztruhe.
Hiro wusste nicht wie ihm geschah. Er hätte sich gern noch mit Wilhelm den Michelgeist unterhalten, um ihm wenigstens Danke zu sagen. Denn mit diesem Schatz konnte er nun seinen größten Wunsch erfüllen: zurück zu seiner Insel und sein Dorf wieder aufbauen. Er wollte sich bei der Großen Schlange entschuldigen und sie auch immer weiterhin verehren. So nahm er seine schönste Kasuafeder (Straußenähnlicher Laufvogel der Südsee) aus seinem Kopfschmuck, nahm den Schatz und legte seine Feder dorthin. Als Zeichen seiner Dankbarbarkeit.
Sein Vater Nue machte große Augen als er am nächsten Morgen seinen Sohn mit dem Schatz schlafend auf einer Holzbank fand. Hiro erzählte ihm seine nächtlichen Erlebnisse. Alle freuten sich riesig mit ihm. Sie trugen Hiro und seinen Schatz auf ihren Schultern zu ihrem Schiff. Dort drehten sie sich noch einmal um und warfen dem Michel und seinem Geist Wilhem einen dankbaren Blick zu. Sie waren sehr erstaunt, dass jetzt das Dach des Michels nicht mehr grün war sondern weiß. Erklären konnten sie sich das nicht. Aber da sie sehr froren, legten sie schnelle ab und sausten ab in ihre Heimat. Hiro konnte vom Schatz sein Dorf wieder aufbauen und die Große Schlange freute sich sehr, dass sie nicht mehr alleine war. Alle waren glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.